Gewebetypen der Pflanzen



Die Vielfalt der "Vokabeln", die verwendet werden um die verschiedene Gewebetypen einer Pflanze anzusprechen sind anfangs ein wenig verwirrend, vor allem wenn diverse Leit- und Speichergewebe auf den ersten Blick in einem "Wirrwarr" auftreten. Bei der Forsythie herrscht im Leitgewebe ein recht strenger Schichtenaufbau, der es erleichtert das "Inventar" der Pflanze nacheinander zu benennen und zu beschreiben. Anhand von diesem Konzept lassen sich dann auch die vielen Varianten, wie sie bei anderen Pflanzen auftreten, leichter nachvollziehen. Anhand der folgenden Tabelle werden die Gewebetypen kurz benannt, und im Folgenden der Versuch unternommen, die Funktion dieser Gewebe darzustellen.

Kork - Schutz

Korkkambium - Entstehungsort des Korkgewebes.

Rindenparenchym - Speicher und mehr

Sklerenchym - Stabilisierung

Phloem - Transport und Transformation

Kambium - Horizonthale Wachstumszone

Xylem - Transport und Stabilisierung

Markparenchym - Der Stoffspeicher
Forsythie, mit ACN gefärbt, 16x/0,35 Planachromat, 8x Kpl

Kork

Bekannt ist Kork als flexibler Flaschenverschluss. Für diese Zwecke wird er von Korkeichen heruntergeschält. Als Korkschicht bezeichnet man bei Pflanzen allgemein den nach aussen abschliessenden Teil einer Pflanze. Der Begriff "Rinde" ist bei Bäumen allgemein gebrächlich, bezieht sich aber auch auf tiefer liegende Gewebeteile. Durch einen hohen Gehalt an Luft, die in diesem ortsgebundenen Zustand gut gegen Hitze isoliert, dient die Rinde bzw. Kork Bäumen als Schutz bei kleineren Buschbränden. Kork hilft vor allem, das Eindringen von allgegenwärtigen Pilzen und Bakterien zu verhindern.

Einen anderen Weg, unerwünschte Eindringlinge abzuweisen, geht der Buxbaum. Das sind die immergrünen Sträucher mit den kleinen Blättern, die von Gärtnern in alle möglichen und unmöglichen Formen geschnitten werden. Er bildet keinen Kork, sondern eine "Cuticula", also eine "Haut". Wächst die aussen anliegende Haut schneller als die Epidermis, so bilden sich Falten, es kommt zur "Cuticularfältelung". Oft kommt dazu, dass sich die Epidermiszellen vorwölben, es bilden sich Papillen. Ergebnis ist eine schwer benetzbare Oberfläche, die bewirkt dass Schmutz, insbesondere Pilzsporen, vom Regen weggespült werden. Das ist jedenfalls materialsparender, als mit Kork um sich zu werfen. So sieht das ohne lange Worte aus:

buxus sempervirens, Handschnitt mit ACN gefärbt, Neofluar 63/0,9, 8x Kpl-Okular, Canon A95

Korkkambium

Hier entsteht die Korkschicht. Zellen werden aus einer Schicht, die im Grunde nur eine Zelllage dick ist, gebildet. Die nach aussen wachsenden Zellen sterben ab, und bilden die Rinde bzw. die Korkschicht. Die nach innen wachsenden Zellen bilden Rindenparenchym.


Rindenparenchym

Pflanzen bestehen, wie die meisten Lebewesen, zu einem Grossteil aus Wasser. Schwankungen des Wasservorrats werden von Organismen allgemein schlecht vertragen. Um ungesunde Folgen abzuwenden, wird Wasser daher vorrätig gehalten, was zum Beispiel im Rindenparenchym geschieht.


Sklerenchym

Das Sklerenchym ist totes Gewebe, das durch seine extrem dicken Zellwände zur Stabilität der Pflanze beiträgt (Festigungsgewebe). Hier kommt es in Form von kleinen Zellgruppen vor, in anderen Pflanzen bildet es ausgedehnte Bereiche, und kommt je nach Art des Leitgewebes auch unter dem Sklerenchym ein zweites mal vor. Wie z.B. bei dem Efeu-Blattstängel. Hier zeigt sich ein wichtiger Wesenszug der vielzelligen Tiere und Pflanzen: Gewisse Zellen sterben ab, um den Erhalt des Ganzen zu bewerkstelligen.


Phloem

Das Phloem besteht aus relativ kleinen Zellen, und dient dem Transport von Stoffwechselprodukten. Wirft z.B. ein Baum im Herbst seine Blätter ab, so tut er dies nicht ohne zuvor Wertstoffe aus den Blättern zurückzuziehen und einzulagern. Die Zellen des Phloems, die im Gegensatz zu Sklerenchym und Xylem sehr wohl am Leben sind, sind untereinander durch feine Kanäle intensiv vernetzt. So können Stoffwechselsignale ausgetauscht und in der Folge evt. "bestellte" Produkte geliefert werden.


Kambium

Das Kambium funktioniert ähnlich wie das oben beschriebene Korkkambium. Es besteht aus einer Zellreihe. Es ist die Zellreihe, die im Bild sowohl rot als auch blau angefärbt ist. Aus diesem wird durch Zellteilung nach innen hin Xylem gebildet, nach aussen hin Phloem. Das Kambium ist also die Quelle dieser beiden Gewebe. Hier sieht man es etwas genauer:



Forsythie, Handschnitt mit ACN gefärbt, 100/1,3 Planapo, 8x Kpl-Okular, Canon A95




Xylem

Der Ausdruck rührt von Xylos, was Griechisch für "Holz" steht her. Der Definition nach ist alles, was vom Kambium nach innen hin gebildet wird, Holz. Was nach aussen wandert, nennt sich "Bast". An der roten Farbe erkennt man hier eine Verholzung, wenn auch nicht so stark wie beim Sklerenchym. Das Xylem dient hauptsächlich der Leitung von Wasser, das aus den Wurzeln durch das Xylem angeliefert wird. Wurzeln haben meistens, wenn nicht sogar immer einen zentralen Xylemkern. Da hier aber auch Strahlen vom Mark aus durch das Xylem verlaufen, und auch mit diesem in Verbindung stehen, würde ich auch eine weitergehende Transportfunktion unterstellen. Darüber hinaus wirkt die Verholzung des Xylems sicher auch stabilisierend.


Mark

Dem Markparenchym kommt hier eine Speicherfunktion zu. In den weitlumigen, rein blau gefärbten Zellen finden sich u.A. Kristalle, die wahrscheinlich aus Calciumoxalat bestehen. An vielen stellen fehlt das weitlumige Markgewebe aber, die Forsythie ist bisweilen ein wenig hohl. Über die volle Länge der Sprossachse vorhanden ist aber der an das weitlumige Mark angrenzende, etwas schmutzigviolett gefärbte Markteil. Dieser steht über Markstrahlen mit dem Phloem und teilweise dem Xylem in Verbindung. Ein deutlicher Nachweis der Speicherfunktion des Markgewebes lässt sich erbringen, wenn man im Markgewebe nach rundlichen Gebilden Ausschau hält. Lassen sich diese mit Jodlösung blau anfärben, handelt es sich um Stärke. Hier sieht man solche Körner, dieser Schnitt durch einen Palmenstängel wurde mit ACN gefärbt, und mit Jodlösung versetzt. Unten links im Bild finden sich die Stärkekörner:

Palme, Handschnitt mit ACN gefärbt und mit etwas Jodlösung versetzt, 16x/0,35 Planachromat, 8x Kpl-Okular, Canon A95


Hier kann man die Forsythie nochmal in voller Breite und Länge begutachten. Bruno P. Kremer hat im Mikrokosmos einen Übersichtsartikel (1) geschrieben, und führt noch etwas sanfter in seinem grossen Buch in diese Materie ein.
(1) Bruno P. Kremer im "Mikrokosmos" (Seite 257 Heft Nr. 9 1986): "Pflanzliche Leitgewebe".
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