Von Kolonien und Metazoen






Das Zackenrädchen

In einem Teich in Weinheim war der Grund eines Sees von einer grünen Masse bevölkert, die auf den ersten Blick keinen besonderen Liebreiz ausstrahlte. Also das, was man gemeinhin "Algenblüte" nennt. Bei näherem Hinsehen zeigte sich, dass die grüne Farbe auf ein einziges Lebewesen, bzw. sehr viele davon, zurückzuführen war. Man erkennt, dass das Wesen aus mehreren Zellen besteht. Bei solchen Algen spricht man aber nicht zwingend davon, dass diese Alge nun mehrzellig sei. Man betrachtet dieses Zackenrädchen allgemein als "Kolonie", das heisst als eine Versammlung von Zellen, die je nach dem Platz den sie einnehmen, ihre Form zwar anpassen, aber im Grunde autonom sind. Es gibt allerdings auch mehrzellige Algen, bei denen der Organismus koordinierte Bewegungen vollführt, was dann eher als Mehrzelligkeit betrachtet werden kann, solche Fragen werden aber wohl je nach Einzelfall immer noch diskutiert. Die Entwicklung zur Mehrzelligkeit fand etwa vor 600 Millionen Jahren statt, eine genaue Eingrenzung wird wohl schwer möglich sein. Wenn man hier noch viel genauer hinsieht, kann man erkennen dass am Ende der Zacken ein Haarbüschel herausragt, das aber nur sehr zaghaft. Dieser Vertreter wild wuchernder Zellhäufen ist ohne die Haare etwa 0,05 mm breit:

pediastrum boryanum, Planapo 40/1,0; 10x Kpl, Schiefe Beleuchtung nach Kreutz, Canon A95.



Hier das Haarbüschel genauer:


Gonium

Gonium pectorale ist zu koordinierten Bewegungen fähig, und bewegt sich, um seine Achse drehend durch die Gegend. Dies kann nur möglich sein, indem die Bewegungen der 32 Geisseln (von den 16 Zellen) einigermassen koordiniert ablaufen. Aber auch hier gibt es keine Aufgabenteilung, jede Zelle hat die gleiche Funktion, 2 Flagellen und einen Augenfleck, der ein Hell-Dunkelsehen erlaubt, ähnlich wie beim Maulwurf. Aber immerhin !

gonium pectorale, Neofluar 63/0,9; 10x Kpl, Phasenkontrast, Canon A95.



Das Rädertier...

...ist eindeutig eine Metazoe (passend in doppeltem Sinne, da fast nur Weibchen vorkommen), und für viele Mikroskopiker immer wieder der "Star des Abends". Es ist unentwegt damit beschäftigt, mit seinem Räderorgan Algenzellen einzustrudeln, wobei es dieses Organ auch zur Fortbewegung benutzt, ähnlich einem Aussenbordmotor, nur dass sich das Organ vorne am "Kopf" befindet. Deutlich sichtbar auch die 2 roten Punkte, die Augen des Tieres, das sich aus den 500 - 1000 Zellen zusammensetzt, mit denen aus auf die Welt kommt. Dies tun sie entweder als Eier, oder gleich im Rahmen einer Lebendgeburt, Rädertierchen sind recht vielseitig. Das "Rotatorium" besitzt neben seinem Kauorgan ein Nervensystem und ein Gehirn, es stürzt sich immer wieder mit voller Fahrt in Algenhäufen, um dort etwas Fressbares zu finden, wobei es grosse Algenzellen ausser Acht lassen muss, da es diese nicht runterbekommt. Es muss mit den eher kleinen Exemplaren vorlieb nehmen, was die Suche nach Nahrung nicht erleichtert. Hier ein Rädertier in voller Länge:

rotatorium , Planachromat 16/0,35, 10x Kpl, Canon A95




Noch ein Rädertier...

...um zu zeigen, dass Rädertiere ziemlich unterschiedlich aussehen können; mit diesen beiden Exemplaren ist der Formenreichtum auch noch bei weitem nicht erschöpft. Die beiden Augenflecke sind hier nicht in der Schärfeebene. Man sieht, wie das Tier an einem Spirogyra-Algenfaden entlang"grast". In dem Algenfaden sieht man die Zellkerne und deren "Aufhängung" am Zellwandinneren:

trichocerca longiseta, Planapo 40/1,0, Canon A95




Nematoden...

...gelten wohl nicht als klassische Streicheltiere. Die meisten sind wenige Millimeter lang, beim hier gezeigten Exemplar müssten es etwa 7 sein. Ein paar wenige werden etwas grösser, bis 8,5 Meter.(1) Nematoden sind teilweise Resteverwerter, manche fressen Bakterien. Sie kommen immer wieder mal in einer Probe aus dem Gartenteich vor, und fallen durch ihr nervöses Geschlängel auf. Eine Einteilung der aufwuchsfressenden Nematoden in Bohrer, Knacker und Schlinger und überdies reizvolle Einführung in die wenig beachteten Fadenwürmer kann einen goben Überblick über diese Wesen verschaffen, von denen auf einem Quadratmeter Gewässerboden mehrere Millionen vorkommen. In den Quellen (2) und (3) finden sich sehr hübsche elektronenmikroskopische Aufnahmen, die geeignet sind das etwas langweilige Image dieser "lebenden Rohrreaktoren" ein wenig aufzumöbeln.


nematode, Planachromat 2,5/0,08, Kpl 10x, Canon A95




(1) Heinz Streble und Dieter Krauter, "Das Leben im Wassertropfen", 9. Aufl., Kosmos Verlag
(2) und (3) Stefan Nehring in Heften 5 und 9 des Jahrgangs 1992 vom "Mikrokosmos": "Die Vegetarier unter den freilebenden Nematoden", Teil I und II.


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